Wie wurde der Diesel-Skandal möglich? Wie war die Wirecard-Affäre möglich? Durch das Schweigen. „Die meisten Skandale, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, lassen sich auf Schweigen zurückführen“, konstatiert Werner Katzengruber. Wenn Mitarbeitende aus Angst um den Arbeitsplatz, aus Furcht vor dem Verzicht auf das eigene Wissensmonopol oder zum Schutz von Kolleg*innen schweigen, ist dies immer ein Anzeichen für eine toxische Unternehmenskultur – und die macht Mitarbeiter*innen krank. 

Eine genauso große Wirkung hat Misstrauen, das vor allem in der Corona-Krise eine wichtige Rolle einnahm: Kaum waren die Teams nicht mehr vor Ort, weil sie von zu Hause arbeiteten, war das Misstrauen groß: Arbeiten die Mitarbeiter*innen wirklich oder gönnen sie sich eine Auszeit? Die Gegenmaßnahmen waren vielerorts eine dichte Meeting-Taktung und Protokoll-Exzesse. In seinem Ratgeber „Mental Health: Die Schlüsselkompetenz resilienter Organisationen“ beleuchtet Werner Katzengruber diese und weitere Faktoren, die eine toxische Organisationskultur ausmachen. 

Nur resiliente Mitarbeitende sind Hilfen in der Krise

All diese Faktoren haben eine Auswirkung auf die psychische Konstitution der Mitarbeitenden – und ob ein*e Mitarbeiter*in belastbar, emphatisch und engagiert ist, macht heute mehr denn je den Unterschied. „In dieser von Krisen und Veränderungen gekennzeichneten Zeit benötigen Führungskräfte Ideen und Konzepte, um die mentale Stabilität und Widerstandsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden zu unterstützen“, sagt Katzengruber. Viele Studien zeigen, dass ein erschreckend hoher Anteil der Arbeitnehmerschaft innerlich abgeschaltet hat. Nur eine Minderheit ist mit dem Job zufrieden, es besteht oft keine starke Bindung an das Unternehmen und die wenigsten sind in ihrem Job so engagiert, dass sie Mehrarbeit auf sich nehmen würden. Und wenn ein Unternehmen in der Krise steckt, sollen diese Mitarbeiter*innen den Laden retten? Schwierig. 

Das kennt auch der Transformationsexperte aus seiner Erfahrung, denn „speziell in Krisen und Transformationsprozessen, in denen die Leidensfähigkeit, der Innovationsgeist und die Loyalität der Mitarbeiter auf die Probe gestellt wurden, war die Kultur der Organisationen und die mentale Fitness der Menschen das ausschlaggebende Kriterium für Erfolg oder Misserfolg“.

Deshalb widmet er sich in seinem Buch der enormen Bedeutung der mentalen Gesundheit im Unternehmenskontext. Denn der Mensch ist weiterhin das wichtigste Element im Organismus „Organisation“. Wenn Mitarbeiter*innen zufrieden sind, sich wahrgenommen und geschätzt fühlen, dann bringen sie zum einen die Leistung, die von ihnen erwartet wird. Zum anderen werden diese Arbeitnehmer*innen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit treibende Kräfte in einer Krise sein. 

Appell für ein neues Handeln in der Führung

Nicht zuletzt ist die mentale Gesundheit ein gesellschaftliches Thema, für das auch Unternehmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Verantwortung tragen. „Der erschreckende Anstieg der psychischen Erkrankungen, die sich durch Überlastung und Ängste entwickeln, summiert sich nicht nur zu einem volkswirtschaftlichen Schaden von gigantischem Ausmaß. Er ist auch ein Appell für ein neues Handeln in der Führung allgemein.“

Welche Voraussetzungen es für eine resiliente Organisation gibt und was Führungskräfte konkret tun können, zeigt Werner Katzengruber mit wissenschaftlich fundiertem Wissen zu Themen wie kontextorientiertem Führen, Selbstregulierung und Führung, Stressmanagement oder der psychologischen Faktoren der Kommunikation und greift auf seine Erfahrungen aus mehr als 25 Jahren in der Unternehmenswelt zurück.

Roter-Reiter-Fazit

Werner Katzengruber widmet sich in „Mental Health“ einem der wichtigsten Zukunftsskills überhaupt: Nur wenn wir lernen, mit Komplexität zurechtzukommen und Menschen in Organisationen den Raum und die Zeit zum Lernen und Handeln zu geben, werden ebendiese Unternehmen eine Zukunft haben. 

Werner Katzengruber: Mental Health: Die Schlüsselkompetenz resilienter Organisationen
Wiley-VCH, 2023
304 Seiten, 24,99 Euro

ISBN: 978-3-527-51171-6

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